Sportlerernährung  individuell planen
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Sportlerernährung individuell planen

Ernährung, Leistung und Regeneration Maximale sportliche Leistungen sind energieraubend. Essen hingegen liefert Energie. Was können ambitionierte Sportler also ernährungstechnisch tun, um ihre maximale Leistung abzurufen? Wie unterstützt das Essen die Regeneration? Was ist bei Nahrungsergänzungsmitteln zu beachten? Mit diesen Fragen setzt sich der folgende Artikel auseinander.
Aus dem Prinzip der optimalen Relation von Belastung und Erholung folgt, dass Training und Regeneration eine Einheit bilden, die für den Trainingsfortschritt entscheidend ist. Die Ernährung beeinflusst – zusammen mit dem Schlaf – die Erholung nachweislich. Im folgenden Artikel wird auf Ernährungsmassnahmen vor, während und nach intensivem Training eingegangen: Was sollte, wie viel und wann gegessen werden? Zudem wird der Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln beleuchtet.

Wer ist ein Leistungssportler? 

Eine präzise Definition erstellt von Schek (2014): Es «… wird unter Leistungssportler eine Person verstanden, die an mindestens fünf Tagen pro Woche mindestens zwei Stunden pro Tag intensiv Sport treibt und dabei rund 800 kcal verbraucht.» Das heisst Ernährungsempfehlungen zum Steigern der Leistung richten sich an Menschen, die wöchentlich einen sportbedingten Energieumsatz von 4 000 kcal oder mehr aufweisen.

Eine ausgewogene Ernährung bildet immer die Basis, um langfristig gesund und leistungsfähig zu sein. Ernährung für Sportler sorgt dahingegen vor allem für eine ausgeglichene Energiebilanz und unterstützt die Wiederaufbauprozesse nach der Belastung. Der Energiebedarf gilt als gedeckt, wenn das Körpergewicht langfristig konstant bleibt oder bei Hypertrophietraining zunimmt. Dies kann bis auf wenige Ausnahmen – Ultra-Ausdauerathleten und Sportler mit einem «Zeit-Mengen-Problem» – mit gängigen Lebensmitteln gewährleistet werden. Der Begriff «Zeit-Mengen-Problem» beschreibt die Situation von Athleten, die umfangreich trainieren und gleichzeitig Vollzeit arbeiten oder studieren: Sie haben zu wenig Freizeit, um die erforderlichen Mengen an vollwertigen Lebensmitteln zuzubereiten und zu verzehren. 

Es gibt nicht die eine für alle perfekt funktionierende Empfehlung für Sportlerernährung: Vielmehr sind der individuelle Trainingsumfang in Stunden, die Trainingshäufigkeit, die Trainingszeiten und die Trainingsinhalte sowie die persönlichen Voraussetzungen, Ziele, Vorlieben und das Umfeld zu berücksichtigen. Die Ernährung ist individuell zu planen. Dabei ist wichtig zu wissen, dass intensive Belastungen den Appetit unterdrücken können, sodass Athleten die im Training verbrauchte Energie nicht von sich aus wieder zuführen (vgl. Tab. 1). Sie sind anzuhalten, bei intensiven Trainingsphasen «nach Plan» zu essen – auch wenn ihnen nicht danach ist. Interessant dürfte auch sein, dass beim intuitiven Essen das Energiedefizit bei einer kohlenhydratreichen, fettarmen Kost deutlich grösser ausfällt als bei ausgewogenem Essen mit entsprechendem Fettanteil.

Ernährung vor einer intensiven Belastung

Das Hauptaugenmerk liegt auf der leichten Verdaubarkeit und guten Verträglichkeit. Das bedeutet: Vor Wettkämpfen sollten bereits aus der Vorbereitungsphase bekannte Lebensmittel und Menus eingesetzt werden (Mettler & Colombani, 2020a)

Ernährung während der Belastung

Die Grundlage wird in der Vorbereitung gelegt. Während eines intensiven Trainings/Wettkampfes sollte nur das gegessen und getrunken werden, was vorher ausgetestet wurde. Wie viele und welche Kohlenhydrate (KH) zugeführt werden (vgl. Tab. 2), ist von der Belastungsdauer abhängig (Mettler & Colombani, 2020b): Die Belastungsdauer bezieht sich auf Wettkampfintensität (90 Minuten Grundlagenausdauer benötigen keine KH-Zufuhr). Das Körpergewicht spielt keine Rolle für die Kohlenhydratmenge: Schwere und leichte Sportler können unter Belastung pro Stunde gleich viele Kohlenhydrate aufnehmen (ca. 60 g Glukose). Glukose und Fructose werden im Darm über unterschiedliche Transportmechanismen aufgenommen, sodass bei einer Kombination unter Belastung maximal bis 90 Gramm KH pro Stunde aufgenommen werden können (Mettler & Colombani, 2020b)

Ernährung nach der Belastung

Entscheidend für die Erholungsmassnahmen ist, wie schnell die nächste sportliche Belastung erfolgt. Rasche Erholung bezieht sich auf den Zeitraum zwischen zwei Trainingseinheiten bzw. Wettkampfeinsätzen. Es handelt sich also um mehrere Stunden (bei zwei Trainings pro Tag) oder ein bis zwei Tage. Ernährungstechnisch stehen drei Aspekte im Vordergrund (Mettler, Colombani & Mannhart, 2022): 

1. Flüssigkeitsverlust (Schweiss) ausgleichen: Die nötige Flüssigkeitsmenge entspricht ca. 120 bis 150 Prozent

Tab. 1: Energieverbrauch und -zufuhr im Vergleich beim «Essen nach Belieben» bei KH-reicher und KH-armer Kost (modifiziert nach Schek, 2014) 
Tab. 2: Empfohlene Kohlenhydratzufuhr nach Belastungsdauer (Mettler & Colombani, 2020b) 

des Gewichtsverlustes während des Trainings. Nach Belastungsende sollte gleich bewusst und aktiv mit Trinken begonnen werden.

2. Kohlenhydratspeicher auffüllen: In den ersten zwei Stunden nach der Belastung füllen Muskelzellen ihre Glykogenspeicher deutlich schneller auf. Bei zwei Trainingseinheiten am Tag ist also möglichst direkt mit der KH-Zufuhr zu beginnen. 1,2 Gramm KH pro Kilogramm Körpergewicht pro Stunde Erholung gelten als ideale Menge – am besten auf zwei bis vier Portionen pro Stunde aufgeteilt. Natürlich ist die Menge auf den Bedarf abzustimmen. 

3. Reparatur-, Anpassungs- und Aufbauprozesse unterstützen: Dazu benötigt der Organismus Proteine. Eine Portion mit rund 0,3 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht möglichst direkt nach dem Training gilt als optimal, um diese Prozesse zu unterstützen. 

Damit die Ernährung regenerationsfördernd eingesetzt werden kann, sind die Mengen bedarfsgerecht zu planen und die Portionen entsprechend vorzubereiten, damit sie ab Belastungsende bewusst verzehrt werden können. Es ist darauf zu achten, dass Getränke und Lebensmittel kombiniert werden, um die benötigten Nährstoffe aufzunehmen.

Nahrungsergänzungsmittel – was beachten?

Nahrungsergänzungsmittel – neudeutsch Supplemente – werden in Athletenkreisen häufig eingesetzt. Trotz der verlockenden Versprechungen sind grundsätzliche Überlegungen anzustellen, bevor sie konsumiert werden. Supplemente ergänzen die Basisernährung, sie sind kein Ersatz! Sportler haben einen höheren Bedarf an Mikronährstoffen. Im Verhältnis zum höheren Energiebedarf ist dieser jedoch minimal und kann grundsätzlich über qualitativ hochwertige Lebensmittel und schonende Zubereitung gedeckt werden. Supplemente sind auf die individuelle Situation abzustimmen: Besteht ein Zeit-Mengen-Problem? Bestehen medizinische Probleme, wie z. B. ein diagnostizierter Nährstoffmangel? Ist der Konsum von qualitativ hochwertigen Lebensmitteln aus irgendeinem Grund nicht praktikabel? Da die Entscheidung für oder gegen den Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln von zahlreichen Faktoren abhängt, sollten Supplemente nur bei Bedarf und in Absprache mit einer Fachperson eingesetzt werden. 

Maughan (2014) klassifiziert Supplemente nach der Sichtung geeigneter wissenschaftlicher Studien in vier Kategorien: A) Für den Einsatz in spezifischen Situationen im Sport geeignet und durch gute Evidenz gestützt B) Noch nicht ausreichend erforscht – Einsatz bedarf spezifischer individualisierter Protokolle C) Kein oder kaum Nutzen im Sport D) Verboten oder hohes Risiko an Kontamination mit verbotenen Substanzen

Fazit

Ernährungsempfehlungen zur Leistungssteigerung richten sich besonders an Athleten mit einem wöchentlichen sportbedingten Energieumsatz von 4000 kcal oder mehr. Dabei steht eine ausgeglichene Energiebilanz im Fokus ebenso wie die Unterstützung der Regenerationsprozesse nach intensiver Belastung. Die Sportlerernährung beruht auf einer qualitativ hochwertigen Basisernährung und wird individuell an die Bedürfnisse angepasst. Eine bewusste Planung und Einnahme von Mahlzeiten vor, während und nach intensiven Belastungen ist von entscheidender Bedeutung für eine optimale Leistungsfähigkeit.

Robert Winzenried

Robert Winzenried, Erwachsenenbilder mit Diplom HF, ist andragogischer Leiter der Swiss Academy of Fitness & Sport AG (SAFS). Er verfügt über 40 Jahre Erfahrung als Trainer für körperliche und mentale Fitness.

 

 

Auszug aus der Literaturliste

Mettler, S. & Colombani, P. (2020a). Ernährung vor Training & Wettkampf. Zugriff am 26.02.2024. Verfügbar unter https://www.ssns.ch/wp-content/uploads/2020/12/ HotTopic_Ernaehrung_vor_Belastung_3.1.pdf 

Mettler, S. & Colombani, P. (2020b). Ernährung im Training & Wettkampf. Zugriff am 26.02.2024. Verfügbar unter https://www.ssns.ch/wp-content/uploads/2020/12/ HotTopic_Ernaehrung_waehrend_Sport_2.4.pdf 

Mettler, S., Colombani, P. & Mannhart, C. (2022). Ernährung und Erholung nach Training & Wettkampf. Zugriff am 26.02.2024. Verfügbar unter https://www.ssns.ch/wp-content/ uploads/2022/11/HotTopic_Ernaehrung&Regeneration_V1.4.pdf 

Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte info@fitness-tribune.com.

 

 

Publikationsdatum 16.04.2024

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